Die künstliche Besamung ist nicht mehr aus der Rinderhaltung und insbesondere der Zucht wegzudenken. Den größten Anteil des Samens macht heute tiefgefrorenes Sperma aus, während auch flüssigkonservierter Samen in einigen Regionen mehr und mehr an Bedeutung gewinnt. Für den Erfolg bei der Besamung ist die korrekte Handhabung des Spermas einer der wichtigsten Faktoren.

Der Umgang mit gefrorenem Sperma

Mögliche Qualitätseinbußen können schon vor dem eigentlichen Auftauprozess auftreten. Ein wiederholtes Herausziehen des Hebers über die Öffnung des Behälters hinaus bedingt, dass die Portionen wiederholt antauen und im Anschluss wieder eingefroren werden. Das sorgt unweigerlich für eine Qualitätsminderung des noch lagernden Spermas. Weitaus gravierender ist ein Herausnehmen der Portionen aus dem Behälter, um die Beschriftung abzulesen, verbunden mit einem anschließenden Zurückstecken der Portion in den Lagerbehälter. Die deutlich angetaute Portion gelangt dadurch zurück in den Stickstoff und ein erheblicher Teil der Spermien überlebt das Manöver nicht.

Eine übersichtliche Ordnung im Samenbehälter ist von herausragender Bedeutung. Die Heber sind mit Etiketten entsprechend ihres Inhaltes zu beschriften, farbige Gobelets helfen zusätzlich den Überblick zu behalten. Bei der Entnahme von Spermaportionen ist darauf zu achten, dass nur die Portion entnommen wird, die auch gebraucht wird und der Heber dabei maximal 5 cm unter die Öffnung des Behälters heraufgezogen wird. Um das Sperma dann zielgerichtet entnehmen zu können, empfiehlt sich die Verwendung einer Pinzette oder Entnahmeschere bei optimaler Beleuchtung.

Das Auftauen: Auf die Temperatur und die Zeit kommt es an

Die Auftautemperatur und die Auftauzeit müssen objektiv gemessen werden. Ein Schätzen der Temperatur durch das Eintauchen von Fingern etc. ist nicht geeignet, um die korrekte Auftautemperatur einzustellen. Die Verwendung eines Auftaugerätes entbindet nicht von der Pflicht zur Kontrolle. Regelmäßig haben Geräte Fehlfunktionen und die gewünschte Temperatur wird nicht erreicht oder sogar überschritten. Gleiches gilt für die Auftaudauer. Beim Auftauen werden 11-15 Sekunden empfohlen und sollten genau eingehalten werden. Der Hintergrund ist, dass aufgetautes Sperma nicht wieder abkühlen darf. Bei diesem Vorgang käme es zu einem großen Verlust an lebenden Spermien. Wenn der Samenstraw mit 0,25 ml Füllvolumen (Standard) für 11 Sekunden 38 °C warmem Wasser ausgesetzt ist, hat das Sperma in etwa eine Temperatur von 25 – 27 °C. Diese ist bei fachgerechtem Transport zur Kuh leichter einzuhalten als eine Temperatur, die sich bei längerer Auftauzeit immer mehr an 38 °C annähert.

Mit dem aufgetauten Sperma zur Kuh

In dieser Phase findet ein Großteil der Spermienverluste statt. Für aufgetaute Spermien ist es von großer Bedeutung, dass sie nicht mehr abkühlen. Wenige Grad Abweichung haben bereits einen deutlichen Effekt. Das metallene Besamungsgerät sollte vor dem Einführen des Samens vorgewärmt werden. Dies kann zum Beispiel durch Reiben mit einem sauberen Tuch erfolgen. Der Transport der vorbereiteten Samenpistole unter der Kleidung, direkt auf der Haut, ist aus Sicht des Warmhaltens positiv, aus hygienischer Sicht jedoch nicht optimal. Die Besamungspistole wird bei der Samenübertragung in die Gebärmutter des Rindes eingeführt. Dabei gelangen Bakterien von der Haut in den Uterus, in welchem sie optimale Bedingungen zur Vermehrung vorfinden. Im Anschluss an den Besamungszeitpunkt beginnt der Östrogenspiegel zu sinken, die Konzentration des Hormones Progesteron steigt an. Dieses unterdrückt teilweise die Immunabwehr in der Gebärmutter. Eine Reduktion des Besamungserfolges oder sogar eine Gebärmutterschleimhautentzündung kann die Folge sein.

Besser ist es, die vorbereitete Besamungspistole durch einen sanitären Überzug oder einen Besamungshandschuh zu schützen und dann nah am Körper warm zu halten. Alternativ kann auch ein „Gun-Warmer“ verwendet werden. Diese elektrisch beheizten Transporttaschen für Besamungsgeräte sind kommerziell erhältlich, stellen jedoch Ansprüche an eine regelmäßige Reinigung, da sie im Inneren leicht verschmutzen können.

Die Hygiene

Für ein hygienisch einwandfreies Handling der Spermaportion ist entscheidend, dass die Samendosen mit sauberen Händen vorbereitet und auch die verwendeten Instrumente regelmäßig gereinigt werden. Die Scham des Rindes muss vor jeder Besamung von Verunreinigungen befreit werden, um ein sauberes Einführen des Besamungsgerätes zu ermöglichen. Sanitäre Überzüge schützen die eigentliche Besamungspistole und werden vor dem Einführen in die Gebärmutter zurückgezogen.

Gesextes Sperma

Grundsätzlich kann gesextes Sperma, mit einigen Einschränkungen, wie konventionelles Sperma behandelt werden.

In einer Portion gesexten Samens sind bei allen Herstellern deutlich weniger Spermien enthalten als in einer konventionellen Portion. Deshalb ist größte Sorgfalt notwendig, damit bei der Besamung ausreichend viele vitale, vorwärtsbewegliche Samenzellen zur Verfügung stehen. Manche Hersteller geben besondere, in der Regel längere Auftauzeiten an. Diesen ist grundsätzlich Rechnung zu tragen, ohne jedoch die oben genannten Grundsätze außer Acht zu lassen. Es empfehlt sich bei Anwendung einer längeren Auftauzeit einen „Gun-Warmer“ oder ein entsprechendes Gerät zu verwenden. In vielen Betrieben wird sehr erfolgreich mit gesextem Sperma gearbeitet, welches nach den gleichen Vorgaben wie konventionelles Sperma aufgetaut wird.

Fazit

Auch wenn jeder genannte Faktor für sich genommen einen mehr oder weniger kleinen Effekt hat, sind viele Fehler in der Summe problematisch. Es ist enorm wichtig, sich immer wieder selbst zu hinterfragen. Ordnung, Hygiene und ein konsequentes Zeit- und Temperaturmanagement sind die wichtigsten Säulen, auf denen ein sehr guter Umgang mit konfektioniertem Sperma beruht.